Abgehört: Die Pop-Alben der Woche (2024)

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U.S. Girls – "Heavy Light"

(4AD/Beggars, ab 6. März)

Vielleicht verlangen diese Zeiten nach der größtmöglichen Geste, der irrsten Idee, die einem in den Kopf kommen könnte. Einer Rockoper zum Beispiel. Oder einer Pop-Revue, die sich energisch von Woodstock bis Disco pumpt, zwischendurch kurz beim Americana-Pathos von Springsteen oder Patti Smith Halt macht und sich elegant in deren Fußstapfen hineintänzelt. Man ist schon beim Hinschreiben erschöpft! Aber Megan Remy, eine US-Musikerin, die seit langem in Toronto lebt, ist eine Künstlerin, die all das nicht nur ganz locker ausbalanciert, sie kann dabei auch noch die Hüften kreisen lassen und dezidiert politische Statements setzen. Eine ganz erstaunliche Frau, die im allgemeinen Pop-Diskurs noch viel zu ungenügend gewürdigt wird, im Mainstream-Radio und in den Charts sowieso.

Ob sich das mit "Heavy Light" ändern wird, ist fraglich, aber es wäre so schön! Denn leichthändiger wurde dem Zuhörer eine tiefgreifende Gegenwartsdiagnose im modernen Pop selten verabreicht. Was Remy auf ihrem hervorragenden letzten Album "In A Poem Unlimited" als ihre neue, auf Gospel, Stax- und Philly-Soul basierende Stilistik etablierte, baut sie hier vollends vom ehemaligen Schlafzimmer-Projekt zum orchestral-opulenten Bandstand um.

"Heavy Light" zitiert im Titel einen mehrfach paradox verschraubten Aphorismus von Franz Kafka: "Ein Glaube wie ein Fallbeil, so schwer, so leicht". Die - sehr oberflächliche - Lesart dieses Satzes ist: Je dicker die Lüge aufgetragen wird, desto leichter flutscht sie in den Schlund der Massen. In "4 American Dollars", einer zum Mitwippen einladenden Schunkeldisco-Nummer, die das Album eröffnet und den Ton setzt, entlarvt Remy eine der allergrößten Lügen, den uramerikanischen Mythos von Geldgier und kapitalistischem Wachstumswahn, mit so viel süßsaurer Chuzpe, dass man sich fragt, warum Bernie Sanders diese Hymne noch nicht auf seinen Wahlkampf-Rallys spielen lässt.

"Overtime", ein alter, neu arrangierter Song von U.S. Girls, und "Born To Lose" grooven sich solidarisch in die gleiche Arbeiterklassen-Kerbe; das sich im Latin-Rhythmus anschmiegende "And Yet It Moves/ Y Se Mueve" ist eine solidarische Venceremos-Ansage, für die Madonna morden würde.

Andreas Borcholtes Playlist
Abgehört: Die Pop-Alben der Woche (1)
  1. Irreversible Entanglements: Bread Out Of Stone

  2. Princess Nokia: Crazy House

  3. Noga Erez feat. Reo Cragun, Rousso: Views

  4. U.S. Girls: 4 American Dollars

  5. SZA & Justin Timberlake: The Other Side

  6. Die Supererbin & Moses Schneider: f*ckin‘ dunkel

  7. Perfume Genius: Describe

  8. Moses Sumney: Cut Me

  9. Shabazz Palaces feat. Purple Tape Nate: Fast Learner

  10. Everything Is Recorded feat. Ghostface Killah, Infinite Coles: 03:15 AM/ Caviar

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Aber es gibt noch eine zweite, private Ebene auf diesem schillernden Album, sie handelt von den Spuren der Pop-Vergangenheit und wie man den revolutionären Geist von einst ins Heute übersetzen könnte. "Woodstock 99" zitiert ganz hemmungslos schnulzig den zwischen 1968 und 1978 changierenden Klassiker "MacArthur Park" von Jimmy Webb bzw. Donna Summer, im Text geht es um Remys Kindheitserinnerungen und Protestmärsche im Hippie-Spirit. Hier transzendieren Rock- und Pop-Historie im Privaten und Politischen zu einer zwingend aktuellen, extrem druckvollen Zitatbombenmischung.

Während sich in kurzen Interludien mehrstimmige Therapiegespräche über "The Most Hurtful Thing" oder "The Color Of Your Childhood Bedroom" zu einer Notiz an das Teenager-Ich formulieren, wirft sich das Album schließlich in die mit Piano-Stakkato und Synthie-Wirbeln, Gitarrenriffs und Chören ausgestattete Operette "The Quiver To The Bomb", die dem alten Unterklasse-Anwalt Pete Townshend Tränen in die Augen treiben würde. Es ist die Quintessenz des Albums, eine mit zittriger Stimme vorgetragene Aufforderung, die stumme Akzeptanz der ganzen politisch-gesellschaftlichen Misere für eine aufgeklärte Handlungsbereitschaft aufzugeben, Action statt Acquiescence. Ein Glitzerlicht in schwerer Zeit. (8.9) Andreas Borcholte

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Moses Sumney – "Græ Part 1"

(Jagjaguwar/Cargo, seit 21. Februar)

Vor drei Jahren wollte die halbe Welt einen Soulsänger aus Moses Sumney machen. Der kalifornische Musiker hatte gerade sein Debütalbum "Aromanticism" veröffentlicht, das auf die kunstvoll orchestrierten und gesungenen Lieder von Arthur Russell und Perfume Genius verwies, die akustischen Durchatme-Songs der späten Radiohead aufgriff oder Freunde von obskuren Art-Pop-Referenzen an DM Stith erinnerte. Weil Sumney aber ein schwarzer Mann ist, der meist im Falsett singt, parkten ihn viele Zuhörerinnen und Kritiker reflexhaft bei Marvin Gaye, D’Angelo und anderen Großkünstlern des Soul. Keine schlechte Gesellschaft, aber doch der falsche Rahmen für Sumney, der sich mit ganzem Herzen zur Einsamkeit bekannte.

Wenn es denn sein muss, ist "Aromanticism" so etwas wie Anti-Soul: Ein Album über die Unmöglichkeit der zwischenmenschlichen Liebe in einer Welt, die von race und class wars ebenso geprägt erscheint wie von virtuellen und tatsächlichen Wegwerfbegegnungen. Natürlich gab es solche Gedanken auch schon bei Gaye oder D’Angelo. Das Besondere - und auch Verführerische – an Sumneys erstem Album war jedoch die Konsequenz seiner pessimistischen Weltanschauung. Liebe ist auf "Aromanticism" niemals die Antwort, sondern bestenfalls eine billige Erbauungslüge.

All das ist gut zu wissen, um auf dem neuen Album "Græ: Part 1" (Teil zwei folgt im Mai) nicht die Orientierung zu verlieren. Sumneys musikalische Reichweite und wandelbare Stimme machen ihn zu einem Paradekünstler der unterlaufenen Erwartungen: Also beginnt "Græ" mit dem ersten echten Soulsong in seiner Karriere. Gemütlich tapst der Bass voran, das Klavier schmeißt ein paar Akkorde dazwischen, und noch vor dem Einsatz der Blechbläser ist Sumney mit Kopfstimme auf Anschlag zur Stelle. Der Sänger verzehrt sich nach den "masoch*stic kisses" eines Gegenüber. In beinahe klassischer Soul-Pose bekennt er: "Seemingly I need/ What cuts me, cuts me, cuts me."

"Cut Me" ist aber kein neuer Kurs für Sumney, sondern eine Ausweitung der Kampfzone. Die klaren Postionen und Absagen von "Aromanticism" lösen sich diesmal auf in Songs voller widersprüchlicher Emotionen und stilistischer Grenzüberschreitungen. Schon witzig also, dass "Græ" als Zweiteiler erscheint: Das Album verschwendet keinen Gedanken an binäre Konzepte und taucht stattdessen in Grauzonen von Geschlechtern, Zugehörigkeits- und Identitätsentwürfen ein, von Art-Rock, Kammerpop, R&B und verschiedenen Jazzstilen. Spoken-Word-Passagen verbinden die Songs miteinander, und am vorläufigen Ende von "Græ" wartet sogar ein Liebeslied.

Zu Folkpicking und einem Backgroundchor aus mehreren Versionen seiner selbst singt Sumney in "Polly" über die Beziehung zwischen einer monogam und einer polyamourös lebenden Person. "I want to be cotton candy/ In the mouth of many a lover", bekennt letztere, bevor erstere zurückfragt: "Am I just your Friday dick?" Ein Mittelweg ist nicht in Sicht, die Liebe wieder einmal nicht festzunageln in einem Song von Moses Sumney. Trotzdem wirken große Kräfte in seinen Liedern der ausweglosen Situationen. Es mögen nur zentimetergroße Fortschritte sein, die sich Sumney auf "Græ" ersingt. Im richtigen Moment können sie aber die Welt bedeuten. (8.6) Daniel Gerhardt

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Princess Nokia – "Everything Sucks"/ "Everything Is Beautiful"

(Platoon, seit 26. Februar)

Seit Jahren warten Kritiker und Fans auf den großen Wurf der New Yorker Rapperin Princess Nokia, auf das eine, definitive Album nach vielen EPs, Mixtapes und mehr oder minder gelungenen stilistischen Anverwandlungen. Und dann tritt mit 070 Shake plötzlich eine talentierte junge Nachfolgerin auf den Plan, die mit ihrem im Januar veröffentlichten Debüt-Album all das einzulösen scheint, was man sich von Princess Nokia immer erhofft hat. Da kann man schon mal schlechte Laune kriegen. "Everything Sucks" - alles beschissen - heißt denn auch der interessantere Part eines zweiteiligen Albums, das die aus der Bronx stammende Destiny Frasqueri vergangene Woche ohne Vorankündigung veröffentlichte.

Die genderfluide Künstlerin mit familiären Wurzeln in Puerto Rico und Nigeria inszeniert sich auf "Everything Sucks", binnen einer Woche in New York aufgenommen und daher hinreichend druckvoll, als versierte, nach allen Seiten austeilende Old-School-Battlerapperin, die mit Psychosen kokettiert. "The Bitch is back" annonciert sie allen Konkurrentinnen im gefährlich zischenden "Harley Quinn" und schleudert den "Bitches" da draußen beherzt und wiederholt ein "f*ck you" entgegen. Hätte sich auch gut auf dem Soundtrack zum DC-Superheldinnen-Blockbuster "Birds of Prey" gemacht, in dem es ja um die psychisch vielfach herausgeforderte Comic-Antiheldin geht, in deren Nähe sich Nokia mit dem Titel rückt.

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"Crazy House" rekurriert auf Nokias traumatisierende Jugend in einer missbräuchlichen Pflegefamilie (ihre leibliche Mutter starb an HIV, als Destiny noch ein Kind war), samt unheimlicher, glucksend-heiserer Chucky-Mörderpuppenstimme. Das rasant gerappte "Welcome To The Circus", wildert in den klaustrophoben Wu-Tang-Manegen der Neunzigerjahre, "Gross" vollendet die fulminante Attacke der ersten vier Tracks des 25 Minuten langen "Sucks"-Albums mit aggressivem Vermieserinnen-Impetus: "If you think you hate me, you gon‘ hate me more".

Sie selbst hasst dann aber doch nicht mehr ganz so inbrünstig wie früher, was auf dem ausgeruhteren, über zwei Jahre hinweg entstandenen zweiten Album "Everything Is Beautiful" zum Tragen kommt. Es repräsentiert die nach geistiger Gesundheit und Harmonie strebende, heilungsorientierte Seite dieser musikalischen Dualitäts-Studie. Statt Paranoiker wie der Wu-Tang-Clan stehen hier eher die Hippie- und Alternative-Rapper von A Tribe Called Quest oder Digable Planets Pate, Nokias Rap wechselt vom Aggro-Ätzen in einen entspannten R&B-Singsang, wenn sie ihren "Happy Place" betritt. "Gemini" zitiert sogar den Doors-Klassiker "Riders On The Storm" und schließt den Bogen zu Frasqueris immer schon evidenter Passion für Rockmusik.

Die Album-Höhepunkte "Sunday Best" und "Blessings" zeigen, dass Nokia stilistisch nicht nur in die Vergangenheit blickt, sondern aktuelle Strömungen im New Yorker Underground-Hip-Hop sehr genau im Blick hat: Als Gäste sorgen das hippe Onyx Collective und Kendrick-Lamar-Produzent Terrace Martin für einen warmen, aber vehement genrebrechenden Jazz-Vibe. Abseits von Zuschreibungen wie Trap- oder Emo-Rap kommen sich die Szene-Veteranin Nokia und die Newcomerin 070 Shake hier ganz nah in ihrem universellen Pop-Anspruch – und treffen sich auch in einer anti-depressiven, positivistischen Grundhaltung.

Abgehört im Radio

Mittwochs um Mitternacht (0.00 Uhr) gibt es beim Hamburger Webradio ByteFM ein »Abgehört«-Mixtape mit vielen Songs aus den besprochenen Platten und Highlights aus der persönlichen Playlist von Andreas Borcholte. Seit 1. Januar 2022 sendet ByteFM in Hamburg auch auf UKW (91,7 und 104,0 MHz).

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"Heart" schließlich ist die entwaffnende Bontempi-Orgel-Ballade, in der sich die mutwillige Hip-Hop-Querschlägerin Frasqueri ganz verletzlich zeigt: "Even when I’m confident I’m kinda insecure" sprechsingt sie mit Kleinmädchenstimme und geißelt Social Media als Fake-Maschine: "I’m not like these girls you see on Instagram", postuliert sie, sie komme zwar ein bisschen "artsy" und allzu "smart" rüber, aber in Wahrheit habe sie jede Menge Herz. Awww!

Aber das tröstet nicht darüber hinweg, dass eine kompakte, konzentrierte Synthese aus beiden Alben vielleicht den Punch gehabt hätte, auf den man nun immer noch hoffen muss. Schon wieder verzettelt! Aber so ist es halt im Leben: Eben noch alles schön, schon stinkts einem wieder gewaltig. Everything Sucks: (7.9), Everythings’s Beautiful: (6.9) Andreas Borcholte

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Disarstar – "Klassenkampf & Kitsch"

(Warner, ab 6. März)

Disarstar ist der Rapper, der das Geld nicht liebt. Das vierte Album des Hamburgers heißt "Klassenkampf & Kitsch" und handelt, wie schon die drei davor, von Themen, bei denen Christian Lindner zurück ins Bett seiner Eltern kriechen will. Umverteilung hält Disarstar für eine gute Idee. Ellbogen gegen Rechts und Baseballschläger gegen Mercedes-Sterne sind für den Mann, der eigentlich Gerrit Falius heißt, Ehrensache. Einmal sinniert Disarstar über die Notwendigkeit neuer Geschlechterverhältnisse, einmal steuert er den letzten Panzer auf Erden durch eine auto- (und menschenfreie) Innenstadt. Das Cover von "Klassenkampf & Kitsch" sieht aus wie eine puss*-Riot-Aktion im Barbie-Traumhaus.

Dabei kommt der Kitschteil zu diesem Programm erst auf musikalischer Ebene ins Spiel. Disarstar eröffnet das Album mit einem überraschenden Verweis auf den Y2K-Sound des New Yorker Labels Def Jux, will sich aber nicht zu tief in den impressionistischen, oft paranoiden Stil von Künstlern wie Aesop Rock oder El-P verbeißen. Stattdessen schwenkt er um auf ganz andere Sphären des Jahrtausendwenden-Raps. Das Titelstück von "Klassenkampf & Kitsch" erklingt mit Blechgitarren und maximaler Breitbeinigkeit. Disarstar ist nicht der erste Rapper, der damit in längst überwunden geglaubte Crossover-Zeiten zurückfällt. Er ist aber der erste, der dabei an Die 3. Generation erinnert.

Womöglich ist das weder Zu- noch Unfall. Disarstar ist mit jedem neuen Album poppiger und zugleich ernster geworden. Früher glich er Straßenrapklischees mit eigenen Erfahrungen ab, heute jubelt er seinem mitgewachsenen Publikum hauptbühnentaugliche Lieder über neoliberale Lebenslügen und internationale Politverstrickungen unter. Die Kekse-Erbin Verena Bahlsen und den Autoaktienerben Stefan Quandt kürt er auf "Klassenkampf & Kitsch" zum Traumpaar der falschen Prioritäten. Sebastian Madsen lässt er als Gastsänger gegen großkapitalistische Zwänge anbrüllen. Einmal rappt Disarstar über den, Zitat, "volkswirtschaftlichen Nutzen" von Waffenexporten.

Nun könnte man nett sein und sagen: Der Mann schöpft das subversive Potenzial seiner Musik aus, um Menschen auf gesellschaftskritische Gedanken zu bringen, die eigentlich wegen der Party zu ihm gekommen sind. Musikindustrie und -Medien haben in der Vergangenheit schon häufiger versucht, Disarstar als reflektierten Gegenentwurf zum Treiben von Deutschlands gemeingefährlichen Gangsterrappern zu positionieren. "Klassenkampf & Kitsch" gibt diese ohnehin fragwürdige Rolle jedoch gar nicht her. Als Rapper mit dunklen Vorahnungen ist Disarstar branchenüblicher Grabesstimmendurchschnitt. Und für eine überzeugte Rückkehr zum Pop-Rap-Sound seiner Kindheit steckt dann doch nicht genügend Sabrina Setlur in ihm. (5.2) Daniel Gerhardt

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Wertung:Von »0« (absolutes Desaster) bis »10« (absoluter Klassiker)

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Author: Jonah Leffler

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Name: Jonah Leffler

Birthday: 1997-10-27

Address: 8987 Kieth Ports, Luettgenland, CT 54657-9808

Phone: +2611128251586

Job: Mining Supervisor

Hobby: Worldbuilding, Electronics, Amateur radio, Skiing, Cycling, Jogging, Taxidermy

Introduction: My name is Jonah Leffler, I am a determined, faithful, outstanding, inexpensive, cheerful, determined, smiling person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.